Institute of Property Research

Oftmals müssen alte, stadtteilprägende Industriebauten für neue Projekte weichen. Nicht so beim ehemaligen Gebäude der Julius Pintsch AG in der Wiener Nemelkagasse. Hier wurde nicht nur die Geschichte dahinter wieder sichtbar gemacht, sondern gleichzeitig eine Umnutzung in die Wege geleitet. Denn: Die beste Form baukulturelles Erbe zu erhalten ist es, eine passende neue Nutzung dafür zu finden.

In Zusammenarbeit mit IPRE hat die Wiener Medienkünstlerin Sabine Maier nicht nur die Historie des, im Jahre 1897 erbauten, Backsteingebäudes recherchiert, sondern ebenfalls die Geschichte der Industriellenfamilie Pintsch. Hierzu führte sie unterschiedliche Interviews, beispielsweise mit dem Direktor des Fürstenwalder Museums (Audio-Mitschnitt), dem Stammsitz des Unternehmens, sowie mit dem bekannten Schauspieler Jörg Pintsch (AudioMitschnitt), einem Urenkel des Firmengründers Julius Pintsch. Die Ergebnisse der Arbeit wurden im Rahmen einer Installation aufbereitet und können an den Außenmauern des Unternehmensareals öffentlich betrachtet werden.

Bei der Planung für die Umnutzung des Industriebaus in eine Privatschule konnte IPRE Erkenntnisse aus den zahlreichen Forschungsvorhaben zu Baukulturerbe, aber auch zu Lernraumgestaltung und Kreislaufwirtschaft in die Anwendung bringen. Neben den funktionalen Aspekten, stand hier vor allem die einzigartige Schönheit des geschichtsträchtigen Gebäudes im Fokus. Bei den Umbaumaßnahmen wurden, soweit möglich, alle preußischen Kappengewölbe und die Stahlkonstruktionen des Gebäudes freigelegt. Die daraus resultierenden Herausforderungen an die Raumakustik und Trittschaldämmung konnten umweltfreundlich gelöst werden. In Klassenräumen wurden kreislauffähige Akustik Baffeln aus recycelten PET-Flaschen von der pinta acoustic GmbH  an den Decken angebracht, um den Nachhall zu reduzieren. Der Trittschall konnte durch C0² neutral produzierte und ebenfalls kreislauffähige textile Beläge der Firma Interface minimiert werden. Der positive Nebeneffekt ist eine verbesserte, staubfreiere und damit zusätzlich allergiefreundlichere Raumluft in den Klassenzimmern. Das Resultat ist ein modernes, lichtdurchflutetes, großzügiges Schulgebäude mit einzigartigem historischen Flair – welches durch seine Gestaltung moderne Unterrichtsformen ermöglicht. Hierzu gehört ebenfalls ein Mobiliar, welches das aktive Lernen – und bei Bedarf ebenfalls eine „Binnendifferenzierung“ der Lernenden – erlaubt. Dies wird beispielsweise durch den Einsatz von Sitzgelegenheiten der Firma Steelcase ermöglicht. Die Stühle Node mit Tablar verfügen über Rollen, Schreibtablar und Ablagemöglichkeiten für Material oder Taschen und können flexibel im Raum eingesetzt werden. Übrigens, auch sie sind kreislauffähig. In einem nächsten Schritt soll die Neugestaltung des Schulhofes realisiert werden – dann wird zusätzlich auch die Wärme- und Kälteversorgung des Gebäudes klimaneutral gestaltet.

So zeigt sich, dass die Umnutzung eines historischen Gebäudes durch intelligente moderne Konzepte eine umweltfreundliche, dauerhafte Weiter- und Wiedernutzung ermöglicht und zusätzlich die Identität eines Stadtviertels stärken kann.

Text: Pirka Grönwaldt-Martin, M.A.